Veranstaltung: | Landesdelegiertenrat 03.11.2018 in Schönebeck LV LSA |
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Tagesordnungspunkt: | 4. Anträge |
Antragsteller*in: | Grüne Jugend, LFG Landwirtschaft (dort beschlossen am: 02.11.2018) |
Status: | Angenommen |
Eingereicht: | 02.11.2018, 19:07 |
Antragshistorie: | Version 1 |
A-5-Neu: Landwirtschaft neu erfinden!
Antragstext
Landwirtschaft ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der Menschheit.
Gerade hier in Sachsen-Anhalt hat sie eine große Bedeutung.
Mit 1,175 Millionen ha Landwirtschaftlicher Nutzfläche wird der überwiegende
Teil der Fläche Sachsen-Anhalts landwirtschaftlich genutzt. Ackerbau hat daran
den größten Anteil an der Nutzung.
Die wirtschaftlichen Erträge unserer Böden landen in den Händen von wenigen
Menschen, während sich die Folgen der industriellen Landwirtschaft durch das
Auslaugen der Böden, die Verschmutzung der Gewässer und durch die Bedrohung der
Artenvielfalt bemerkbar machen und uns alle angehen.
In Sachsen-Anhalt beträgt der Pachtanteil der Flächen über 70%. Stark steigende
Verkehrspreise von landwirtschaftlichen Flächen, Anstrengungen
nichtlandwirtschaftlicher Investoren sowie weitere Flächenversiegelungen führen
dazu, dass bodenpolitischen Zielsetzungen überdacht werden müssen.
Wir stellen uns gegen diese ungerechte Nutzung und langfristige Zerstörung
unserer Lebensgrundlagen und fordern die Förderung einer kleinteiligen
ökologischen Landwirtschaft. Einem Höfesterben muss mit der Erhaltung und
Übernahme bestehender Betriebe, aber auch durch die Gründung neuer
landwirtschaftlicher Betriebe entgegengewirkt werden.
Die direkte finanzielle Förderung ist ein wichtiges Instrument um neuen
Landwirt*innen einen Start zu ermöglichen. Wir begrüßen die schon angelaufenen
Maßnahmen wie die Jungbauernprämie, fordern aber, diese weiter auszubauen,
insbesondere für Gründungen in der ökologischen Landwirtschaft und
Seiteneinsteigern.
Außerdem wollen wir, dass Boden nicht weiter zum Spekulationsobjekt wird,
deshalb sollen junge Landwirt*innen ein Vorkaufsrecht auf Agrarflächen erhalten
und der Verkauf von Flächen an nicht-landwirtschaftliche Unternehmen soll
eingeschränkt werden.
Auch die, der Landwirtschaft nachgeordnete, lebensmittelverarbeitende Industrie
wird von Großbetrieben dominiert. Das liegt unter anderem daran, dass
gesetzliche Bestimmungen (z.B. Hygienevorschriften) an die Anforderungen und
wirtschaftlichen Möglichkeiten von Großbetrieben angepasst sind. So wird das
nötige Startkapital für Neugründungen in die Höhe getrieben, was effektiv die
Gründung kleiner Betriebe verhindert.
Eine weitere Möglichkeit zur Stärkung kleiner Betriebe sehen wir in der
solidarischen Landwirtschaft. Durch die garantierte Abnahme bestimmter Mengen an
produzierten Lebensmitteln besteht für die Betriebe Planungssicherheit und die
Verbraucher*innen erhalten Einblicke in die Produktionsweisen und wissen, dass
ihre Lebensmittel regional produziert werden, also keine langen Transportwege
hinter sich haben. Wir wollen deshalb mehr Menschen die Möglichkeit geben, an
solchen Projekten teilzuhaben und regen zur Entwicklung einer Plattform an, auf
der sich Verbraucher*innen und Landwirt*innen finden können. So können die
Landwirt*innen in gewissem Maß von den Marktzwängen befreit werden.
Die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt soll auch einen angemessenen Beitrag zur
Reduktion von CO2 und anderen Treibhausgasen zur Erreichung der internationalen
und nationalen Klimaschutzziele leisten. Bei der Klimafolgenanpassung wollen wir
die Landwirt*innen unterstützen, indem sie durch eine privatwirtschaftliche
Beratungsförderung für bestehende Gefahren des Klimawandels sensibilisiert
werden. Vor allem in den besonders niederschlagsarmen Gebieten Sachsen-Anhalts
wollen wir die Bewirtschafter*innen fit machen in der Anwendung Wasser- und
Nährstoffschonender Anbaustrategien.
Die CO2-Speicherung nicht nur in Feuchtgrünland und Niedermoore sondern der
Humusaufbau auf landwirtschaftlichen Flächen insgesamt soll durch
naturschutzgerechte Bewirtschaftung und besonders geplanten Wasserhaushalt
gestützt werden. Mit diesen besonderen Standortbedingungen gehen kompetente und
verantwortungsbewusste Landwirt*innen um und bilden die Grundlage für die
Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft Sachsen-Anhalts.
Gesellschaftliche Initiativen zur Förderung einer solchen progressiven
Landwirtschaft wollen wir unterstützen und zivilgesellschaftliches Engagement in
dieser Richtung ermöglichen und politisch fördern.
Zusätzlich soll zum Beginn des Ausbildungsganges „Ökolandbau“ in der Fachschule
Salzwedel im Jahr 2019 eine Professur für ökologische Landwirtschaft an der
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und langfristig ein eigenes
Forschungszentrum entstehen, da hier trotz vorhandenem Wissen noch
Forschungsbedarf besteht und auf dieser Grundlage ein Netzwerk von Öko-
Betrieben, verarbeitenden Betrieben und der Forschung entstehen soll.
Begründung
Wir wollen nicht zurück zur (ebenfalls kleinbäuerlichen) Landwirtschaft von vor 100 Jahren, sondern den Weg bereiten für eine moderne, sozial und ökologisch nachhaltige Landwirtschaft der Zukunft.
Böden sind wichtige Schnittstellen und Reaktionsräume im Energie- und Klimahaushalt. Ihnen kommt als nicht vermehrbarer Produktionsfaktor eine besondere Bedeutung zu, für die wirtschaftenden Landwirt*innen einerseits genauso wie für die Umwelt und das Klima andererseits. Für uns gilt: Zwischen Umwelt und Landwirtschaft gehört kein oder. Wir stehen an der Seite unserer Landwirt*innen und kämpfen für den Erhalt der Landwirtschaftlichen Fläche und deren naturschutzgerechte Nutzung.